Freitag, 20. April 2012

Ein persönlicher Erlebnisbericht von Thilo Bode (foodwatch): Mein Besuch bei den Hungermachern der Deutschen Bank

Vor einigen Tagen versandte Thilo Bode (foodwatch) persönliche e-mails, in denen er über eine Begegnung mit der Deutschen Bank berichtete und um Unterstützung bat. Wir veröffentlichen nach Genehmigung diese Bitte gerne:
12.04.2012
Hallo und guten Tag Frau Winkelmann,                                                

heute möchte ich mich ganz persönlich an Sie wenden – mit einem Problem, das mich bewegt und nicht loslässt: Eine Milliarde Menschen hungern! In einer Welt, die wie die unsere jedes Jahr reicher wird! Wer hungert, hat keine Chancen auf ein menschenwürdiges Leben. Eine Schande für die ganze Menschheit!



Ich weiß natürlich, dass die Möglichkeiten, diese Katastrophe zu beenden, begrenzt sind. Aber wenn ich sehe, dass wir, die reichen Menschen im Norden, die Not der Hungernden auch noch verschärfen, dann packt mich wirklich die kalte Wut!

Vor einiger Zeit begann ich zu vermuten, dass Wetten der Finanzanleger an den Rohstoffbörsen den drastischen Anstieg der Lebensmittelpreise in den Jahren 2008 und 2010 mitverursacht haben. Um herauszufinden, ob das stimmt, nahmen wir für sechs Monate den Journalisten und Finanzexperten Harald Schumann unter Vertrag. Ergebnis: der foodwatch-Report “Die Hungermacher – Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Nahrungsmitteln spekulieren“. Für uns liegt seitdem auf der Hand, dass die an den Rohstoffbörsen organisierten Wetten mit Mais, Weizen und Soja die Preise zeitweise in schwindelerregende Höhen treiben – und damit Leib und Leben von Menschen gefährden.

Für mich war klar: Wir mussten einen der führenden Banker mit unseren Erkenntnissen konfrontieren. Ich schickte also unseren Report an Josef Ackermann, den Vorstandvorsitzenden der Deutschen Bank, und schrieb: „Die Investmentbanken und damit auch Sie persönlich tragen Mitschuld daran, dass Menschen in den ärmsten Ländern der Welt Hunger leiden und am Hunger sterben.“ Nur einen Tag später antwortete mir Herr Ackermann persönlich: „Kein Geschäft der Welt ist es wert, den guten Ruf der Deutschen Bank aufs Spiel zu setzen…“ und versprach eine „gründliche Prüfung des Berichts“ und „eine rasche und detaillierte Antwort“.

Ich war erst einmal platt. War da der führende Unternehmenslenker der Welt von Altersmilde und Erkenntnis geläutert und auf einmal – wenn auch aus Imagegründen – bereit, auf Profit zu verzichten? Oder war es wieder einmal ein PR-Trick, wie so oft, wenn Konzerne sich vermeintlich um die Weltrettung kümmern?

Ich wollte auf jeden Fall an das Gute glauben. Und so fuhren unser Autor Harald Schumann und ich zu einem Geheimtreffen mit der von Josef Ackermann eingesetzten Arbeitsgruppe nach London, also ins Zentrum des Investmentbankings.

Ich kann Ihnen versichern, es war ein eigenartiges Gefühl, als wir die Ehrfurcht einflößenden Hallen und die gedämpften Räume der Deutschen Bank in London betraten und dann zusammen in einem Raum mit Investmentbankern und Rohstoffhändlern saßen, vor uns eine riesige Video-Leinwand, von der uns die zugeschalteten Investmentprofis aus New York anblickten. Auch zwei Mitarbeiterinnen der Forschungsabteilung saßen mit am großen Tisch – ein gutes Zeichen? Wohl nicht, wie der Fortgang des Gesprächs zeigte. Was halten Sie von unserem Report?“ eröffneten wir die Diskussion. „Völlig daneben“, kam wie aus der Pistole geschossen die Replik einer der Leinwand-Banker aus New York. Das leise Seufzen meines Mitstreiters Harald Schumann – dem Autor des Reports – ignorierend, fragte ich verunsichert: „Haben Sie den Report gelesen?“ Als Antwort presste ein weiterer Teilnehmer der Runde ein unwirsches „Nein“ heraus. Wir waren wie vor den Kopf gestoßen. Was war da los? Die Atmosphäre wurde immer eisiger bis es aus einem unserer Gesprächspartner herausbrach: „Wieso greifen Sie uns an, Spekulation ist doch überhaupt nicht wichtig, es gibt schließlich viel gravierendere Probleme!“ Das hatten wir nun wirklich nicht erwartet: Statt fachlich fundierte Argumente auszutauschen, suhlten sich die Bankenvertreter in Befindlichkeiten.

Um eine Illusion ärmer traten wir nach dem nur einstündigen Gespräch unseren Heimweg nach Berlin an. Dort stellte sich heraus, dass der Ablauf des Geheimtreffens kein Ausrutscher war. Die Deutsche Bank rückte von ihrem Zeitplan, den foodwatch Report bis Ende Januar 2012 zu prüfen, ab und stellte eine umfassende Studie zu dem Thema in Aussicht – Fertigstellung Ende des Jahres 2012.

Ich mache mir keine falschen Hoffnungen – das sieht nach einem Spiel auf Zeit aus, nach einem schlechten Geschäft für die Moral im Wettstreit mit dem Profit! Andererseits: Die Würfel sind noch nicht gefallen. Denn wir können weiter öffentlichen Druck ausüben. Aber das geht nur wenn wir möglichst viele sind. Deshalb möchte ich Sie darum bitten, werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch und helfen Sie, auf diese Weise den Druck auf die Deutsche Bank zu erhöhen.

Dass dieser Weg erfolgreich sein kann, zeigt eine brandaktuelle Nachricht, die uns aus der DekaBank erreicht hat. Sie steigt aus der Spekulation mit Grundnahrungsmittel aus!

Liebe foodwatch-Interessierte, ich verspreche Ihnen, den DekaBank-Erfolg als Ansporn zu nehmen und mich persönlich dafür einzusetzen, die Auseinandersetzung mit den mächtigen Banken der Welt weiterzuführen. Bis zu dem Punkt, an dem das Geschäft mit dem Hunger ein Ende hat. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir den foodwatch-Report „Die Hungermacher“ beauftragt und honoriert. Druck- und Kommunikationskosten sowie Ausgaben für juristische und wissenschaftliche Beratung kamen hinzu. Auch beteiligen wir uns an einem Bündnis mit den kritischen Aktionären und werden uns auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank am 31.Mai persönlich an die Eigentümer der Bank wenden und unsere Kritik am Geschäftsgebaren der Bank deutlich machen! Aber alle diese Aktivitäten kosten auch Geld! Deshalb bitten wir Sie, uns mit 5, 10, oder 20 Euro monatlich zu unterstützen: Werden Sie bitte Förderer/Förderin von foodwatch!

Es gibt viele Möglichkeiten, die Banken, aber auch die Regierungen unter Druck zu setzen, damit dieses fatale Geschäft aufhört und der Staat endlich strenge Regeln einführt. Die Finanzlobby in Brüssel und in Deutschland ist übermächtig, und gibt Milliarden aus, damit sie ihre Pfründe erhalten kann. Wir brauchen Ihre permanente Unterstützung in diesem Kampf! Bitte helfen Sie uns und werden Unterstützer von foodwatch:

www.foodwatch.de/mitglied-werden


Vielen Dank und herzliche Grüße,

Ihr
Thilo Bode, Geschäftsführer

EW

Siehe auch:




>>> Schluss mit der Nahrungsmittel-Spekulation!
>>> Ein neuer Film erklärt, wie mit Nahrungsmitteln spekuliert wird, welche Gefahren es birgt und was deshalb geschehen muss.


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