Mittwoch, 28. März 2012

SPD Ortsverein trauert um Schließung einer Schleckerfiliale

Zum Vergrößern bitte Bild anklicken
Wir haben uns seit August 2011 gefragt, warum ein Ratsmitglied der SPD, ein Herbeder Bürger, traurig vor dem geschlossenen  Schlecker-Laden in Herbede posiert.
Für die Herbeder SPD-Ortsvereine war die Schließung ein unverkennbares Zeichen des Niedergangs im Herbeder Einzelhandel. Allerdings war damals schon bekannt, dass die Drogeriemarktkette in finanzielle Bedrängnis geraten war und beabsichtigte ca. 900 Filialen zu schließen.
Einst war das Unternehmen Schlecker wegen seiner Arbeitsbedingungen verpönt. Er galt als der unbeliebteste Unternehmer Deutschlands, war jahrzehntelang verschrien als Billigheimer und Ausbeuter. "Und doch wollen ihm alle helfen", wundert sich der Tagesspiegel (27.03.2012)
"In den vergangenen Wochen berichteten Schlecker-Frauen von guten Löhnen und unbefristeten Verträgen, davon, dass ihr Herz an ihrem Unternehmen hänge."

Während Dank einer Initiative der SPD-Fraktion, mit Unterstützung durch die Grünen, CDU und WBG gestern möglicherweise bis zu 300 Arbeitsplätze im Zentrum Herbedes ohne Notwendigkeit, aus reiner Willkür aufs Spiel gesetzt wurden, wogegen Anton Schlecker seine Drogeriemarktkette selbst vor die Wand gefahren hat, stehen für Schlecker Mitarbeiter, Politik und Gewerkschaften parat, ihm zu helfen.
Verdi-Sprecherin Christiane Scheller antwortete auf die Frage, warum der Staat für so ein Unternehmen einspringen und 71 Millionen Euro für eine Transfergesellschaft zur Verfügung stellen soll:
„Die Politik hätte nicht zulassen dürfen, dass eine so große Firma in dieser Rechtsform geführt wird“, sagt Scheller. Anton Schlecker war eingetragener Kaufmann, hatte kaum Nachweispflichten. „Schlecker hat dadurch den Überblick über sein Imperium verloren.“ Zudem argumentiert Verdi mit der Versorgung auf dem Land. „An 550 Standorten ist Schlecker der einzige Versorger“, sagt Scheller. Die Mitarbeiterstruktur mache eine Transfergesellschaft nötig. „Viele Frauen sind älter als 50, sie haben sich seit Jahrzehnten nicht beworben.“ Der Betreuungsschlüssel sei in der Transfergesellschaft viel höher als im Jobcenter. (Tagesspiegel, 27.03.2012)
Steffen @Knuddelbacke "Jetzt soll der Staat Schlecker retten! Wer bitteschön hat denn die kleinen Einzelkämpfer-Drogisten damals vor Schlecker gerettet? Keiner.." (Twitter)

Und nicht nur die Drogisten. Die Kaufleute in Herbede werden die Ansiedlung eines Supermarktes außerhalb des gewachsenen Zentrums nicht überleben. Das weiß die CDU sehr gut.

In der Antrags-Begründung der CDU-Fraktion heißt es:
"Die Einzelhandelslagen entlang der Meessmannstraße haben gegenüber einem integrierten, großflächigen Einzelhandel zwangsläufige und unverschuldete Standortnachteile. Der mittelständische Einzelhandel in der Meesmannstraße wird nur überleben, wenn im Gerberviertel nicht die gleichen Sortimente angeboten werden."
Eine Sortimentsbeschränkung ist nicht möglich, wie die CDU-Fraktion lernen musste. Lehnte sie deshalb die Beschlussvorlage der SPD ab? NEIN! Im Gegenteil, sie stimmte ihr zu!

Hätten die Kaufleute in Herbede ihren Untergang selbst verschuldet, würde ihnen dann jemand helfen?
Wohl kaum, sie sind eben nicht so geil wie ein Konzern. Aber die Herbeder Geschäftsleute sollten vielleicht über eine Transfergesellschaft, finanzielle Unterstützung und eventuelle Schadensersatzforderungen gegenüber der Stadt nachdenken. Denn nicht ein Unternehmer führt sie in den Ruin, sondern Witten.

Quelle: "Warum alle Schlecker retten wollen", Tagesspiegel, 27.03.2012)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen